Automatisiertes Fahren: Kooperation mit Opel

Um den nächsten Schritt in Richtung automatisiertes Fahren zu fördern hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) das Projekt „Ko-HAF – Kooperatives hochautomatisiertes Fahren“ gestartet, das mit rund 36 Millionen Euro bis 2018 gefördert wird.

In dem Konsortium aus Automobilherstellern, Zulieferern und Partnern aus Straßenverwaltung und Forschung ist auch die Adam Opel AG Projektpartner, bei der ich zur Zeit als Promotionsstudent angestellt bin und so im Projekt mitarbeite. Ziel des Forschungsprojektes ist es, das hochautomatisierte Fahren auf deutschen Autobahnen zu realisieren. Das hochautomatisierte Fahren steht dabei in der Hierarchie der Automation zwischen dem teilautomatisierten Fahren, wo der Fahrer jederzeit bereit sein muss einzugreifen, und dem vollautomatisierten Fahren, bei dem das Fahrzeug keinen Fahrer mehr benötigt. Das hochautomatisierte Fahren wird es dem Fahrer auch möglich machen, Nebentätigkeiten während der Fahrt auszuführen. Er muss also nicht mehr permanent das Verkehrsgeschehen beobachten. Lediglich in besonderen Situation, in denen eine sichere automatisierte Fahrt nicht mehr gewährleistet werden kann, wird die Fahrzeugführung wieder an den Menschen übergeben. Für diese Übergabe ist im Rahmen des Ko-HAF-Projekts ein Zeitfenster von zehn Sekunden angedacht.

Das Fahrzeug muss also jederzeit dazu in der Lage sein über mindestens zehn Sekunden hinweg selbstständig zu agieren. Bestandteil beim hochautomatisierten Fahren sind beispielsweise das selbstständige Auffahren und Einfädeln, das Spurhalten, Mitschwimmen und Überholen bis hin zum Verlassen der Autobahn. Insbesondere sollen aber auch Gefahrensituationen und Szenarien, die eine Übergabe an den Fahrer notwendig machen, betrachtet werden. Sollte der Fahrer dabei nicht auf die Aufforderung der Übernahme reagieren, wird das Fahrzeug einen sicheren Zustand herbeiführen. Das bedeutet, dass es beispielsweise die Geschwindigkeit herabsetzt oder im Extremfall auf dem Standstreifen der Autobahn zum Stehen kommt. Im Verlauf des Projekts sind hierfür zunächst ausführliche Tests auf dem Opel-Versuchsgelände geplant. Nach Erprobung der Verfahren und ihrer Überprüfung hinsichtlich Sicherheit und Robustheit sollen dann auch Fahrten auf öffentliche Straßen stattfinden.

Hochautomatisiertes Fahren ist keine Zukunftsmusik mehr

Hochautomatisiertes Fahren wird in den kommenden Jahren einer der größten Trends der Automobilbranche – davon sind viele Experten überzeugt. Aber der Weg, bis das Auto von alleine fährt und wir nebenbei E-Mails bearbeiten oder Zeitung lesen können, ist noch weit. Einige technologische Hindernisse müssen zuvor noch überwunden werden: Beispielsweise muss das Kartenmaterial, auf das das Auto zurückgreift, um die Verkehrssituation und die Fahrstrecke zu analysieren, immer hochaktuell sein. Die benötigte Genauigkeit der Straßenkarte ist dabei um ein Vielfaches höher, als es die derzeit verfügbaren Navigationskarten ermöglichen.

Das vernetzte Fahrzeug, also die Kommunikation des Pkws mit anderen Autos in der Umgebung oder externen Servern, ist eine wichtige Grundvoraussetzung für das hochautomatisierte Fahren. Erst wenn das mobile Internet verlässlich und schnell verfügbar ist, können bestimmte Dienste überhaupt erst angeboten werden. Denn Leistung und Reichweite aktueller Sensoren reichen bei der Autobahn-Richtgeschwindigkeit von 130 km/h nicht mehr alleine aus, damit das Fahrzeug sicher eigenständig fahren kann.

Als Lösung dafür wird im Rahmen des Ko-HAF-Projekts ein externer Sicherheitsserver aufgebaut. Dieser stellt eine hochgenaue Karte bereit, die es dem Auto ermöglicht, über die Reichweite seiner Sensoren hinaus die Verkehrslage zu erfassen und somit selbstständig auf der Autobahn zu fahren. Die Informationen, die mit der Karte übermittelt werden, kommen dabei aus zahlreichen Quellen wie beispielsweise Radio-Nachrichten, aber auch die Fahrzeugdaten von vorausfahrenden Verkehrsteilnehmern sind sehr relevant. Ausgewählte Sensordaten werden dazu auch vom eigenen Pkw an den Server übertragen. Bei ausreichender Genauigkeit der Messdaten und nach Abgleich mit anderen Fahrzeugen werden die Informationen dann aggregiert und als Update in die Karte integriert. Diese Kartenupdates werden dann wiederum allen hochautomatisierten Fahrzeugen zur Verfügung gestellt. Gemeinsam mit meinen Opel-Kollegen im „Internationalen Technischen Entwicklungszentrum“ arbeite ich in Rüsselsheim daran, wie man einen ungestörten Datenfluss in beide Richtungen, also zwischen dem Server mit der Karte und dem Auto, erreicht.

Mit rein statischen Informationen funktioniert diese Routine prinzipiell schon gut, auch Google setzt bei seinen selbstfahrenden PODs auf ein ähnliches Prinzip. Eine Herausforderung sind aber noch dynamische Informationen, also Ereignisse, die zeitnah passieren und sehr schnell übertragen werden müssen, beispielsweise eine Änderung des Fahrspurverlaufs in der Baustelle oder ein Geisterfahrer. Im Notfall greifen hier zwar die Sensoren, die bei einem Tempo von 130 km/h noch rund 200 Meter nach vorne schauen können, allerdings sind vorausschauende Verfahren für Pkw-Insassen immer angenehmer als plötzliches Abbremsen oder unerwartete Spurwechsel.

Darüber hinaus ist die Karte auch eine vertrauensfördernde Maßnahme für die Insassen. Denkbar ist es zum Beispiel, dass die geplanten Fahrmanöver mithilfe der Karte den Passagieren vorab mitgeteilt werden. Mittel- bis langfristiges Ziel in der Forschung ist es daher, die Sensoren weiter zu verbessern, beispielsweise mit speziellen Kameras, die weiter nach vorne schauen und die Fahrsituationen besser erfassen können. Zusätzlich soll auch das oben beschriebene Verfahren mit einer ergänzenden Karte weiter verbessert werden.

Teil dieser Verbesserung muss auch der Ausbau des mobilen Netzes sein wie beispielsweise höhere Übertragungsgeschwindigkeiten und die Optimierung der Übergänge zwischen verschiedenen Verbindungstypen wie mobilem Netz und direktem WLAN. Das nach Einschätzung von Gutachtern des Bundeswirtschaftsministeriums formulierte Ziel, dass das hochautomatisierte Fahren auf Autobahnen bis 2020 sicher und technisch verlässlich funktioniert, halte ich nach aktuellem Stand der Dinge auch für realistisch.

| Beitragsbild: Opel