Internet im Auto: Schnell und unterbrechungsfrei

Mit dem Internet verbinden viele bunte Websites, Social Media, Videos und andere Multimedia-Anwendungen. Oder kurz: Ablenkung. Im Auto bedeutet Ablenkung aber Gefahr, denn der Fahrer muss auf den Verkehr achten. Daher ist das Thema „Internet im Auto“ häufig noch besetzt mit Aussagen wie „Das brauche ich nicht!“ oder „Ist das nicht gefährlich?“. Die Antwort auf diese Frage lautet: Ganz im Gegenteil! Es gibt viele Anwendungsszenarien, bei denen das Internet hilft, Nutzungskomfort und Sicherheit im Auto weiter zu verbessen. In Kooperation mit Opel forsche ich daran, wie man dafür sorgt, dass das Internet dabei schnell und ohne Unterbrechungen während der Fahrt verfügbar ist. Wer auf dem Beifahrersitz einmal ein Video ansehen oder nur schnell im Internet surfen wollte, kennt das Problem. Ständig wird die Verbindung unterbrochen oder sie ist zu langsam, es hängt und hakelt an allen Ecken und Enden.

Sicherheit verbessern, Fahren automatisieren, Streaming und online arbeiten

Beispielsweise können durch eine Internetverbindung und die Vernetzung von Automobilen untereinander (sogenannte Car2Car-Kommunikation) Informationen zu vorausliegenden Gefahrenstellen oder Staus verbreitet werden. So können Fahrer (oder vielmehr: deren Fahrzeuge) andere, nachfolgende Fahrzeuge vor Gefahren frühzeitig warnen, um Unfälle und Schäden zu vermeiden. Betrachten wir beispielsweise den Fall eines Geisterfahrers auf der Autobahn, der gerade in Höchstgeschwindigkeit  knapp an einem vorbei rauscht – Glück gehabt! Doch das Wissen um den Falschfahrer kann nachfolgenden Fahrzeuginsassen helfen, ihr Glück nicht zu sehr strapazieren zu müssen. Die Information über den Geisterfahrer wird automatisch an die anderen Fahrzeuge  weitergegeben, sodass nachfolgende Fahrer schon vor der unmittelbaren Gefahr ihre Geschwindigkeit verringern und auf eine sichere Spur ziehen können. Anders als bei Meldungen im Radio, werden hier nur die unmittelbar betroffenen Fahrzeuge gewarnt, wodurch Warnmeldungen im Fall der Fälle besonders ernst genommen werden müssen. Außerdem hat nicht jeder Fahrer den Verkehrsfunk an.

In Zukunft tauschen Fahrzeuge sicherheitsrelevante Informationen selbstständig untereinander aus und warnen den Fahrer direkt im Cockpit. Bei selbstfahrenden Autos könnte das Fahrzeug sogar eigenständig die Gefahr vermeiden, indem vor der Begegnung mit besagtem Geisterfahrer automatisch vorausschauend agiert wird, beispielsweise wird das Tempo reduziert oder eine sichere Spur gewählt.

Auch Navigationssysteme könnten davon profitieren: Heute schon kann so ein System dafür sorgen, dass wir Staus umfahren können. Das ist gut, löst aber das eigentliche Problem nicht: Wäre es nicht viel besser, wenn Navigationssysteme so untereinander kommunizieren und miteinander kollaborieren, dass Staus gar nicht erst entstehen? Eine Vernetzung der Fahrzeuge ermöglicht auch den Einsatz solcher Systeme.

Eine unterbrechungsfreie Kommunikation ist auch ein wichtiger Beitrag zur Realisierung der großen Vision der Automobilindustrie: Dem automatisierten Fahren. Und hier schließt sich der Kreis mit der eingangs erwähnten Ablenkung durch Multimediainhalte im Netz – denn wenn die Aufmerksamkeit des „Fahrers“ nicht mehr durch den Verkehr gebunden ist, kann er sich anderen Aufgaben widmen. Beispielsweise Videos streamen. Oder produktiv im „mobile Office“ arbeiten. Im Netz Informationen recherchieren. Musik aus dem Internet direkt ins Auto streamen. Vieles davon funktioniert heute schon, aber Stabilität und Geschwindigkeit müssen weiter verbessert werden, damit es auch wirklich Spaß macht. Wer auf dem Beifahrersitz einmal ein Video ansehen oder nur schnell im Internet surfen wollte, kennt das Problem. Ständig wird die Verbindung unterbrochen oder sie ist zu langsam, es hängt und hakelt an allen Ecken und Enden. Unter diesen Voraussetzungen macht „Internet im Auto“ heute nur wenig Freude. Und an Sicherheitssysteme, auf die man sich im Ernstfall verlassen kann, ist so schon gar nicht zu denken.

Unser Ziel: Stabiles, schnelles Internet in die Autos bringen

Es gibt also noch einige technische Herausforderungen zu überwinden, bevor die Vision der „Automobilität der Zukunft“ Realität werden kann. Heutige kommerzielle Systeme stützen sich allein auf Mobilfunkverbindungen für noch recht rudimentäre Dienste. Für das nächste Jahrzehnt wird von unterschiedlichen Institutionen jedoch eine drastische Steigerung des Bedarfs für mobile Netze prognostiziert [1]. Dieser wird trotz technischer Neuerungen seitens der Mobilfunknetzbetreiber in Zukunft nicht mehr gedeckt werden können. Daher brauchen wir neue Technologien, um mobiles Internet flächendeckend, schnell und verlässlich möglich zu machen.

Bis zu dreimal so viele Autos würden auf unsere Straßen passen, wenn Sicherheitsabstände über automatische Systeme berechnet und gehalten werden könnten. Und das ohne Staus.

In meinem Forschungsprojekt mit Opel verwenden wir hierfür sogenannte heterogene Netze. Das bedeutet, dass wir für die Internetverbindung im Auto nicht nur Mobilfunk, sondern auch ergänzende weitere Kommunikationsnetze wie Consumer WLAN oder Car2Car/X WLAN verwenden. Gerade WLAN Technologien sind beispielsweise für den lokalen Austausch sicherheitsrelevanter Informationen deutlich besser als Mobilfunk geeignet, da die Verzögerungen sehr gering sind: Beim Mobilfunk dauert es oft eine halbe Sekunde, bis Daten übermittelt sind. Direktes WLAN liegt im Vergleich bei nur zehn Millisekunden. Eine Differenz, die einen Unfall verhindern oder Leben retten kann, gerade im Kontext des automatisierten Fahrens. Sicherheitsabstände können bei Einsatz dieser modernen Kommunikationstechnologien durch die im Vergleich zum Menschen bedeutend geringeren Reaktionszeiten reduziert werden, was in Zukunft zu einem verbesserten Verkehrsfluss führen kann. Bis zu dreimal so viele Autos würden auf unsere Straßen passen, wenn Sicherheitsabstände über automatische Systeme berechnet und gehalten werden könnten. Und das ohne Staus.

Setzt man auf heterogene Netze, kann in Abhängigkeit der Situation und den speziellen Anforderungen einer Anwendung jeweils genau die Kommunikationstechnologie gewählt werden, welche am geeignetsten ist. Dadurch entsteht ein deutlich besseres Nutzungserlebnis und dazu reduzierte Kosten. Durch effizienteres Verbindungsmanagement werden auch die Mobilfunknetze entscheidend entlastet und die Qualität der Internetverbindung verbessert. Erst wenn diese neuen Kommunikationstechnologien reif für den Markt sind, können die Visionen für zukünftige Assistenz- und Infotainmentsysteme im Fahrzeug realisiert werden.

[1] Ericsson Mobility Report, June 2014

Bildquelle: Flickr, Intel Free Press