Schwitzen unter der Discokugel

Wie schwitzt man virtuell unter einer Discokugel? Die ehemaligen KOM-Studentinnen Lara Wietschorke und Michelle Martinussen haben zusammen mit Christian Schmitt eine Startup-Idee entwickelt. Sie konzipieren ein Serious Game, das mit Virtual-Reality eine anregende Tanzumgebung simuliert, um sich auch als Couch-Potatoe mehr zu bewegen. Mit ihrem EXIST-Gründerstipendium feilen sie derzeit fleißig am Produkt und belegten bereits in dieser frühen Phase den zweiten Platz beim TU-Ideenwettbewerb. Die Seminare und die Betreung im Bereich Serious Games bei KOM haben ihnen das nötige Know-how mit auf den Weg gegeben.

Lara, Michelle, was genau entwickelt ihr gerade?

Lara: Wir wollen ein Serious Game mit Virtual-Reality-Technologie entwickeln, genauer gesagt ein Exergame. Hier werden Exercise und Gaming miteinander vereint. Kurz: ein Spiel, das Spaß macht und bei dem man zur Bewegung animiert wird. Das Spiel ist für Leute gedacht, die sich von herkömmlichen Sportangeboten nicht abgeholt fühlen und gerne digitale Medien nutzen.

Wie muss ich mir euer Spiel vorstellen? Was passiert, wenn ich die VR-Brille aufsetze?

Michelle: Man steht in einer bunten, discoartigen Umgebung mit Musik und Lichteffekten. Es kommen Objekte geflogen, denen man ausweichen, sie berühren oder zerschlagen muss. Die Bewegungen, die dabei intendiert sind, sind sportwissenschaftlich fundiert. Sie kommen aus dem Zumba, Pilates oder sind Kraftübungen wie Kniebeugen und Situps. Das Ziel ist es beim Spielen abzuschalten, sich zu bewegen und Spaß zu haben.

Die Gründer: Michelle Martinussen, Lara Wietschorke und Christian Schmitt. Foto: privat

Wie kontrolliert ihr, dass die Bewegungen korrekt ausgeführt werden? Sonst wird es schließlich schnell ungesund für Gelenke, Wirbel und Muskelpartien.

Michelle: Wir setzen neueste Technologien ein. Durch die Verwendung von Machine Learning haben wir einen speziellen Datensatz im Hintergrund, mit dem die Bewegungsmuster abgeglichen werden. Wir nutzen hierfür die Position der VR-Brille und der beiden Controller an den Händen. So können wir durch genaues Tracking nachvollziehen, ob die Bewegungen korrekt ausgeführt werden. Für die Zukunft wollen wir auch eigene Datensätze generieren und mit Profis, zum Beispiel ausgebildeten Fitness-Trainern, die eingebauten Bewegungsabläufe optimieren.

Jeder Mensch ist unterschiedlich in seiner Fitness und wie er sich im Laufe des Trainings entwickelt. Wie begegnet ihr diesen Variablen? Ansonsten ist man schnell gelangweilt oder überfordert.

Lara: Man kann zunächst eine Zeit auswählen, beispielsweise man möchte 30 Minuten trainieren. Dann wird prozedural und dynamisch, angepasst an die Leistung eine Trainingseinheit generiert. Das geschieht adaptiv und personalisiert, damit die Einheit weder über- noch unterfordert.

Michelle: Den nötigen Input bekommen wir über die Pulsfrequenz, gemessen mit einer Fitnessuhr oder dem klassischen Brustgurt.

Habt ihr noch zusätzliche motivationale Komponenten?

Lara: Es gibt auch eine kompetitive Komponente. Sich selbst zu schlagen, seine Freunde und damit neue Rekorde aufzustellen. Auch die Settings können sehr verschieden sein: eher urban, eher in der Natur – je nach individueller Stimmung. In Sachen Musik kann man eigene Tracks reinladen. Oder man nimmt die Musik, die von uns vorgegeben ist. Die Musik passt sich ebenfalls an die eigenen Leistungen an und wird je nach Trainingseinheit immer wieder neu abgemischt.

Umgebung und Musik ändern sich also dynamisch. Könnt ihr das nochmal etwas bildhafter erklären?

Michelle: Ja, als Beispiel zunächst ein Klavier im Hintergrund, dann die ersten Bewegungen des Spielers. Danach setzt der Bass ein, darauffolgend etwas Vokales. Der Spieler spürt, dass sich die Musik mit seiner Leistung immer weiter steigert und mehr Spielspaß erzeugt. Genauso soll es sich mit der Visualisierung und den Effekten verhalten, es wird immer bunter und lauter oder eben ruhiger und gedämpfter.

Das klingt nach verdammt viel Arbeit. Wie stemmt ihr das?

Michelle: Unser EXIST-Gründerstipendium bietet sehr große Freiheiten, um intensiv an der Idee und deren Umsetzung zu arbeiten. Ein Jahr hat man finanzielle Ressourcen für die nötige Risikofreiheit, ohne riesige Auflagen. Selbst wenn die Idee noch nicht ganz reif oder nicht klar ist, ob der Markt dafür eine Nische bereithält, sollte man es trotzdem versuchen.

Wie hängt ihr thematisch und persönlich mit unserem Fachgebiet KOM zusammen?

Michelle: Ich habe bei Polona Caserman und Dr. Stefan Göbel meine Mastearbeit geschrieben und alle Lehrveranstaltungen besucht, vor allem im Bereich Serious Games.

Lara: Ich habe auch die Vorlesung zu Serious Games gehört. Dr. Stefan Göbel betreut uns netterweise im Rahmen von EXIST von universitärer Seite.

Beitragsbild: Pixabay