YouTube oder die schwierige Frage, wer mit wem kooperiert

Wer mit wem – und warum? Wenn YouTuber_Innen zusammenarbeiten, hat das Auswirkungen auf deren Erfolg. Tatsächlich liefert nur das Videomaterial selbst darüber zuverlässige Auskunft, wer mit wem zu sehen ist. Das alles anzuschauen, würde nicht einmal Sisyphos auf sich nehmen. Durch die Forschungsarbeit von Moritz Lode ist das nun ein Fall für künstliche Intelligenz. Er hat eine Analysesoftware entwickelt, die YouTuber_Innen helfen kann, ihren eigenen Erfolg zu steigern. Dabei sind die Videoanalysen der Künstlichen Intelligenz genauer als die von Menschen.

YouTube als neues Leitmedium

YouTube hat mittlerweile einen derart großen medialen Stellenwert wie Radio oder Fernsehen. Mit dem Konzept einer Plattform, auf die Nutzer_Innen ihre selbst erstellten Videos hochladen können, hat YouTube das Sortiment an Unterhaltungsmedien stark bereichert. Neben der Möglichkeit eigene Videos einfach der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, motiviert YouTube seine „Content Creators“ mit einer Beteiligung an YouTubes Werbeeinahmen. Daraus hat sich ein lukrativer medienwirtschaftlicher Sektor entwickelt.

Professionelle Unternehmen stellen den YouTuber_Innen zum Teil sogar die Kameratechnik und das Studio zur Verfügung. Namhafte alte Hasen aus der traditionellen Medienwelt wie Walt Disney und ProSiebenSat.1 stehen hinter einigen der populärsten YouTube-Künstlern, wie zum Beispiel Gronkh, der mit seinen Let’s Plays Kultstatus erreicht hat. In der Regel halten diese sogenannten Multi-Channel-Netzwerke YouTuber_Innen dazu an zusammenzuarbeiten, um ihre Popularität weiter in die Höhe zu treiben und somit die Einnahmen der Multi-Channel-Netzwerke sowie der YouTuber_Innen zu steigern.

Analyse durch Künstliche Intelligenz

Die Grafik visualisiert die Kooperationen zwischen den einzelnen YouTube-Kanälen. Grafik: Christian Koch & Moritz Lode

Bisher gibt es aber keine zuverlässige Datenquelle, die angibt welche YouTuber_Innen in einem Video vorkommen, da sich Titel und Beschreibung als ungenau erwiesen haben. Um dieses Problem zu lösen, hat die von Moritz Lode entwickelte Software mit Hilfe künstlicher Intelligenz zweieinhalb Jahre Videomaterial aus knapp 8.000 YouTube-Kanälen untersucht. Lode hat Gesichtserkennung eingesetzt, um festzustellen, in welchen Videos welche YouTuber_Innen vorkommen. Die Software hat mit einer Genauigkeit von über 99% eine bessere Erkennungsgenauigkeit als der Mensch. Anschließend untersuchte Lode die Auswirkungen von Kollaborationen auf die Anzahl der Videoaufrufe und Kanalabonnements.

Da Videomaterial aus einem Zeitraum von mehreren Monaten analysiert wurde, erlaubt das Aussagen über die Kollaboration zwischen gleichen und verschiedenen YouTube-Videokategorien und Popularitätsklassen zu treffen. In seiner Bachelor Thesis am Fachgebiet Multimedia Kommunikation hat Moritz Lode diese Zusammenarbeit genauer beleuchtet. Mit seiner Software ist es YouTuber_Innen und Multi-Channel-Netzwerken möglich, ihre eigenen Kanäle zu analysieren und festzustellen, welche Kooperationen erfolgreich in der Vergangenheit waren. Das eigentliche Highlight: Es sind Prognosen darüber möglich, mit welchen Kooperationen in Zukunft ein dauerhaft noch größeres Publikum für die jeweiligen Kanäle erreicht werden könnte.

Dazu Moritz Lode: „In dem relativ kurzen Zeitraum der gesammelten Daten konnten wir dennoch über 2.000 Kollaboration erfassen und analysieren, wie YouTuber_Innen zusammenarbeiten. Unter anderem stellten wir fest, dass YouTuber_Innen oft wiederkehrend über einen längeren Zeitraum miteinander zusammenarbeiten und Multi-Channel-Netzwerke Kollaborationen im eigenen Netz bevorzugen. In Hinblick auf die Auswirkungen der Kollaborationen konnten wir sowohl für Videoaufrufe als auch Kanalabonnements einen deutlichen Anstieg feststellen.“

Moritz Lode hat für seine Arbeit nicht nur den KOM-internen Preis für die beste Bachelorarbeit erhalten, sondern wurde auch von der Fachgruppe Kommunikation und Verteilte Systeme (KuVS) als Autor der besten Bachelorarbeit 2017 ernannt. Zusammen mit KOM-Forscher Christian Koch, der die Arbeit betreut hat, wurden Lodes Ergebnisse in einer gesonderten Publikation veröffentlicht.