Mercator Fellow Prof. Ioannis Stavrakakis bei MAKI

Prof. Ioannis Stavrakakis war Leiter des Department of Informatics and Telecommunications an der Universität Athen und ist in der kompletten zweiten Phase von MAKI (2017-2020) Mercator Fellow bei KOM. Er hat uns erzählt, wer er ist, was er sich erwartet und welche neuen Forschungsideen er hat. Das Gespräch wurde in englischer Sprache geführt und für den Blog übersetzt.

Ioannis, zuerst eine persönliche Frage: Wo kommst Du her, was hast Du die letzten Jahre gemacht? Eine kleine Geschichte Deiner Selbst, sozusagen.

Ich komme aus Griechenland, habe dort auch mein Grundstudium gemacht und mein weiterführendes Studium in den Vereinigten Staaten. Dort habe ich dann meinen PhD gemacht und für fünf Jahre an der Universität von Vermont als Assistant Professor gearbeitet. Fünf weitere Jahre war ich an der North Eastern University in Boston als Associate Professor. 1998 bin ich zurück an die Universität von Athen, wo ich eine Stelle bekommen hatte. Seit dem war ich da und die vergangenen Jahre hatte ich einen Lehrstuhl sowie die Leitung des Fachgebiets inne. Meine Zeit dort endete vergangenen Sommer. Letztendlich war ich in der Zeit in Athen immer stark in europäische Projekte involviert. Da gibt es eine Initiative, die für griechische Wissenschaftler verfügbar ist, um sie bei ihrer Forschung und bei Kooperationen zu unterstützen, da die Finanzierung auf nationaler Ebene in Griechenland nicht sehr gut war. Dort konnte ich viele Partner kennenlernen und mit ihnen zusammenarbeiten und das in einem Netzwerk für Exzellenz. 2005 waren zwei dieser Exzellenz-Netzwerke, in die die TU Darmstadt ebenso involviert war. Ich denke, dass ich ungefähr in dieser Zeit Prof. Steinmetz das erste Mal in einem Meeting kennengelernt habe. In diesem Rahmen hatten wir die Möglichkeit zur Zusammenarbeit, da wir beide an Bord eines Forschungsinstituts in Madrid waren und uns häufig trafen, ungefähr zweimal im Jahr. So erfuhr ich mehr über KOM. Und vor langer Zeit hatte ich eine offene Einladung, einmal hierher zu kommen, um Leute dort zu treffen etc. Das Fachgebiet in Griechenland zu leiten war die letzten vier Jahre ein Alptraum, mitten in der Griechenland-Krise. Da war das nicht möglich. Aber jetzt, wo ich mein Sabbatical1 machen konnte, habe ich Zeit für diese einmalige Chance, hierher zu kommen, was ich gerade jetzt hier tue. Das ist meine kleine Geschichte. (lacht)

Warum genau bei KOM, was verbindest Du damit?

KOM habe ich bereits im Januar letzten Jahres bei meinem Besuch des Exzellenz-Netzwerks besucht. Ich hatte ein Meeting im Kontext dieses Exzellenz-Netzwerkes, es war ein sehr sehr kurzer Aufenthalt. Das Arbeitsumfeld bei KOM ist klasse bezüglich der Struktur und der Probleme, die dort verhandelt werden. Ich war ziemlich verblüfft, als ich gesehen habe, dass die Probleme an denen hier gearbeitet wird, gut zu den Problemstellungen meiner bisherigen Arbeit passen und übertragbar sind. Wahrscheinlich kann ich hier etwas beitragen. Natürlich bringen gerade junge Menschen Aufregung und neue Ideen und Aspekte mit ein. Es wird eine Zielsetzung geben, von der beide kooperierenden Seiten etwas haben, denke ich.

Was ist deine Erwartung in Bezug auf das Mercator Programm, über das Du hier bist? Was bedeutet es für Dich, inwiefern hilft es Dir?

Nun ja, es ist eine neue Initiative. Prof. Steinmetz und ich haben bereits letztes Jahr darüber diskutiert, bevor es jetzt hier an Ort und Stelle war. Bei einer neuen Initiative ist es immer unklar, wie sie funktionieren wird. Mein Verständnis ist, dass Leute gesucht werden, die sehr erfahren in ihrem Feld sind; die Spitzenforschung betreiben. Ich vermute es gibt eine Erwartung für gute Zusammenarbeit mit den Menschen hier, um Ideen und Know-How einzubringen, was dann zu qualitativ hochwertigen Publikationen führen soll. Das ist ziemlich viel, um die Wissenschaft zu fördern. Es ist immer gut für eine Umgebung wie hier und jedes andere Arbeitsumfeld, wenn Menschen aus anderen Umfeldern und Hintergründen herkommen. Es ist da, um neue und innovative Ideen zu entwickeln. Ich denke, das ist die wesentliche Erwartung von diesem Programm. Und zwar wissenschaftlichen Nutzen in dieses Arbeitsumfeld einzubringen.

Du verfolgst in deiner wissenschaftlichen Arbeit einen speziellen Schwerpunkt. Mit welchen Ideen und Aspekten möchtest Du MAKI und KOM unterstützen?

In meiner Lesart sind die wesentlichen Themen Transition und Adaption von Netzwerk- und Kommunikationsumgebungen. Das ist ein ziemlicher großer Trend zurzeit, weil es in den entworfenen Systemen so viel Flexibilität gibt und weil so viele verschiedene Ressourcen herangezogen werden können, um die gleichen Aufgaben zu erledigen. Abhängig von der Umgebung und der Situation wird man von einer Ressource im Netzwerk auf eine andere Ressource wechseln müssen, um der Dynamik des Systems gerecht zu werden. Der hauptsächliche Aspekt von MAKI ist gegenwärtig sehr relevant, das ist Grundlagenforschung die jetzt getan werden muss. Viele klassische Probleme der Netzwerkforschung, zumindest wenn man sie im Kontext von Adaption betrachtet, -dynamischer, schneller und effektiver Adaption, die jetzt in dieser neuen technologischen Umgebung gebraucht wird – dann erzeugt das neue Probleme, die nach neuen innovative Lösungen verlangen. Mein Hintergrund bewegt sich im Rahmen aller Arten dieser Netzwerksysteme, für jetzt fast zwanzig Jahre. Es ist interessant zu sehen, wie die fundamentalen Probleme noch da sind und immer wieder auftauchen. Die Umgebung ist unterschiedlich, also muss man das berücksichtigen, aber die wesentlichen Ideen, um diese fundamentalen Probleme zu adressieren, sind so ziemlich dieselben geblieben. Man muss sie ergänzen, sie in den Kontext von heute einbetten. Aber um zurück zur Frage zu kommen: Netzwerke haben mit der Allokation von Ressourcen zu tun und klar, wir haben Gebühren, Verzögerungen, sind im Wettbewerb, aber diese Allokation von Ressourcen ist mein Spezialgebiet seit sehr langer Zeit. Nun sind seit einiger Zeit immer mehr Menschen in diese Gerätschaften, diese Netzwerke involviert, durch Smartphones zum Beispiel. So kommen die Menschen diesen Geräten näher, die in einer Netzwerkumgebung interagieren. Das menschliche Verhalten, Dinge zu benutzen, beeinflusst ebenso diese Kommunikationslandschaften. Durch den Fakt dieser menschengemachten und von Menschen abhängigen Netzwerke ist es heutzutage sehr wichtig, den Faktor Mensch auch konsequent miteinzubeziehen. Daran hab ich zusätzlich zu den eher klassischen Themen der Ressourcenallokation gearbeitet.

Dieser „menschliche“ Aspekt Deiner Forschung ist sehr interessant…

Manchmal, wenn wir unsere Systeme, die auf den klassischen Konzepten basieren, optimieren, dann setzen wir völlig rationales Verhalten voraus und bekommen ein Ergebnis. Aber wenn wir Menschen anleiten, die Systemumgebung zu nutzen, dann passiert etwas ganz Anderes. Menschen sind nicht komplett rational. Es ist interessant, dass die Entscheidungen, die Menschen fällen, manchmal besser sein können. Und ebenso können Menschen mit der Komplexität in ihrer Umwelt umgehen, und zwar in einer vereinfachenden Art. Weil Menschen in der Lage sind, Schnellverfahren zu entwickeln, Abkürzungen. Es gibt so viele Informationen, die nicht alle verarbeitet werden können. Sie haben über die Zeit, als das menschliche Gehirn sich entwickelt hat, gelernt mit Heuristiken und Vereinfachungen umzugehen, ohne alle globalen Faktoren in ihrer Umgebung miteinzubeziehen, was unmöglich ist. Und das ist heutzutage nützlich.

In diesem Sinne hat man mit Ungewissheiten umzugehen.

Ja, am Ende fällen sie ihre Entscheidungen schnell. Wir haben eine große Fähigkeit zur Verarbeitung, wir bekommen unfassbar viele Informationen von einem kleinen Sensor über die aktuelle Umgebung wie z.B. die Temperatur oder Lautstärke. Das Internet der Dinge wird alle möglichen Arten von Informationen generieren, das ist ein großes unüberschaubares Durcheinander. Auch für Rechner mit einer sehr hohen Kapazität, die diese Daten sammeln und verarbeiten wollen, wird das nicht effektiv sein. Und manchmal funktioniert es besser, wenn Menschen dafür verantwortlich sind, weil sie daran gewöhnt sind, Entscheidungen basierend auf einer anderen Art von Informationen durch Heuristiken zu fällen, die so gesehen nicht so sehr in die Tiefe gehen, wie die Geräte sie nutzen würden. Ich rede darüber, weil das für mich etwas Neues und ich darüber die letzten zwanzig Jahre gearbeitet habe. Die anderen Sachen sind klassische Netzwerkthemen, die jeder hier kennt. (lacht)

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Weitere Informationen gibt es direkt bei MAKI.

 

1. Der aus den USA stammende Begriff sabbatical, nach dem biblischen Sabbatjahr, wurde von Professoren an US-amerikanischen Universitäten für die Bezeichnung für ein Forschungssemester oder Freisemester geprägt.

(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Sabbatical)