Augmented Feedback: Neue Diagnosetechnologie hilft beim Rückentraining und soll Rückenschmerzen vorbeugen

Stehen und Gehen ist für viele Menschen eine Selbstverständlichkeit. Jedenfalls dann, wenn es beschwerdefrei funktioniert. Entsprechend wenig Beachtung schenkt man der eigenen Körperhaltung im Alltag. Genau das führt häufig zu Rückenschmerzen, genauer: Sogenannten nicht-spezifischen Rückenschmerzen. Gerade die werden besonders häufig chronisch.

Mehr als 80 Prozent der Rückenschmerzpatienten in Deutschland klagen über solche nicht-spezifischen Symptome. Der Grund für diese Beschwerden sind weniger Faktoren wie Körpergröße oder Gewicht, sondern die fehlende motorische Kontrolle. Erste Studien zeigen, dass sich eine bessere und bewusstere motorische Kontrolle beim Stehen und Gehen positiv auf Rückenbeschwerden auswirken kann.

Patienten sollen lernen, gesünder zu laufen und zu stehen

Hier setzt unser neues Projekt an. Das Ziel ist es, die Grundlagen für ein technisch gestütztes Feedbacksystem für Alltags- und Trainingssettings zu entwickeln, das relevante Informationen zur besseren motorischen Kontrolle rückmeldet. Die Technologie soll dem Patienten wichtige Hinweise liefern, wie dieser seine Haltung und die Variabilität der Muskelaktivierung selbst erlernen und korrigieren kann. Einfach zusammengefasst: Der Patient soll lernen, wie er sich besser hinstellt und gesünder läuft.

Proband auf dem Balanceboard. Foto: T. Lenz

Was genau besser oder gesünder ist, das bestimmt das Feedbacksystem individuell für jeden Patienten anhand des Stands und Bewegungsmusters. Unter anderem wird die Rotation der Hüfte dreidimensional mit einer speziellen Infrarotkamera aufgezeichnet und ausgewertet. Die Gewichtsverlagerung im Stehen wird über ein Balanceboard über einen längeren Zeitraum hinweg erkannt und analysiert. So wird auch eine mögliche Neigung des Patienten, bei dauerhafter Belastung eine Fehlhaltung einzunehmen, besser erkannt.

Feedback zur Haltung und Muskelaktivierung in Echtzeit

Das Feedback über das Zusammenspiel der Muskulatur bekommt der Patient in Echtzeit angezeigt, so dass er seine Haltung direkt korrigieren und das Ergebnis bewusst wahrnehmen kann. Besonders wichtig ist es, dass diese Korrekturmaßnahmen wiederholt und verinnerlicht werden. Denn unter Alltagsbedingungen ist das hoch automatisierte und eher unbewusste Bewegungsverhalten nur schwer beeinflussbar.

Auswertung der erhobenen Daten. Foto: T. Lenz

Das Projekt wird zusammen mit dem Institut für Sportwissenschaft der TU Darmstadt und in Kooperation mit der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie des Klinikums Darmstadt durchgeführt. Dr. Michael Wild ist Mitbegründer des Wirbelsäulenzentrums am Klinikum Darmstadt und steht während der gesamten Projektlaufzeit beratend zur Seite. Seine langjährige Erfahrung in der Behandlung von Rückenschmerzpatienten sowie bei der Durchführung und Auswertung diagnostischer Messungen fliesst unmittelbar in die Entwicklung des Augmented-Feedback-Systems ein.

Das Projekt wird über eine Laufzeit von drei Jahren von der Klaus Tschira-Stiftung von Februar 2016 bis Januar 2019 gefördert.

| Titelbild: TU Darmstadt / Nintendo