Jeder kann forschen – spielerisch mit Citizen Science

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Prof. Ralf Steinmetz besuchte im November 2017 im Rahmen einer Delegationsreise zusammen mit Staatssekretär Mathias Samson die National University of La Plata (UNLP) in Argentinien. Im Mittelpunkt des Aufenthalts in La Plata standen Gespräche um internationalen Technologietransfer im Bereich der Digitalwirtschaft. Prof. Alejandro Fernandez und Prof. Ralf Steinmetz sponnen eine Idee: Wissenschaft für jedermann auch in Darmstadt, bei KOM. Bürgerinnen und Bürger sollen durch eine gemeinsam entwickelte digitale Plattform selbst zu Forscherinnen und Forschern werden. Und das nicht nur bitterernst, sondern spielerisch.

Zu Gast bei Freunden

Ende der 1990er Jahre trafen sich erstmals Wissenschaftler der Technischen Universität Darmstadt und der Nationalen Universität La Plata (UNLP), um eine mögliche Zusammenarbeit zu diskutieren. Im Mittelpunkt der Diskussion stand die Förderung der computergestützten Kooperation. Dieser erste Anstoß, der von der argentinischen und deutschen Regierung finanziert wurde, war der Ausgangspunkt für eine langjährige, fruchtbare Zusammenarbeit und Freundschaft. In den folgenden Jahren besuchten deutsche Forscher die UNLP und argentinische Forscher die TU Darmstadt.

A. Fernandez und R. Steinmetz in La Plata, Argentinien

Forscher trafen Forscher und Studierende gleichermaßen. Sie lernten voneinander in ihren jeweiligen Fachgebieten und produzierten neues Wissen, das veröffentlicht wurde. In den folgenden Jahren kamen zwei argentinische Studenten nach Darmstadt, um dort zu promovieren und deutsche Forscher wurden Mitglieder der akademischen Ausschüsse von Master- und Doktorandenprogrammen, die bei der UNLP geschaffen wurden. Man war zu Gast bei Freunden.

Kooperation online und offline

In den Anfangsjahren gab es weder Dropbox, Skype noch Google-Docs. Nur eine Hand voll Tools waren in der Lage, die Herausforderungen und Möglichkeiten einer weltweiten Online-Zusammenarbeit zu realisieren. Diese Tools waren dabei trotzdem immer auf Interaktion von Angesicht zu Angesicht angewiesen. Heute, 20 Jahre später, ist ein Großteil der Zusammenarbeit zwischen KOM und der UNLP über das Internet zum Alltag geworden – wie das Schreiben dieses Beitrags in einem Online-Dokument.

Die neuen Tools erreichen jedoch nicht den Effekt, den zufällige Gespräche beim Kaffee haben, wenn es darum geht, aus einem einmaligen Projektgespräch eine langfristige, gemeinsame Interessenbeziehung zu machen. In einem dieser informellen Face-to-Face Gespräche zwischen Alejandro Fernandez und Ralf Steinmetz nahm eine neue Idee Gestalt an: „Mit Serious Games die Wissenschaft für jedermann möglich machen.“

Bürger schaffen spielend Wissen

Ralf Steinmetz erzählt sichtlich begeistert: „Am Rande der offiziellen Gespräche entstand in La Plata unverhofft mit Alejandro Fernandez eine ganz coole Idee, und zwar Crowdsourcing verbunden mit spielerischen Ansätzen zur Mithilfe von Bürgern bei der Lösung wissenschaftlicher Fragestellungen zu betrachten.“ Denn Online-Kooperation war seit jeher eines der großen Themen der Zusammenarbeit zwischen der TU Darmstadt und der UNLP. Zudem haben Serious Games bei KOM einen festen Platz in der Forschung. Serious Games sind durch Computertechnologie gestützte Spiele, die neben dem Unterhaltungswert bewusst gesetzte Lern- und Aufgabenelemente beinhalten. Warum also nicht geschickt kombinieren: Plattformen für Bürgerwissenschaft mit einer spielerischen Komponente.

Citizen Science, zu Deutsch „Bürgerwissenschaft“ ist dabei das große Stichwort. Die Idee einer offenen Wissenschaft ist die Kernidee. Bürgerinnen und Bürger können sich in unterschiedlicher Art und Weise an Forschungsprojekten beteiligen: Sie klassifizieren Galaxien, Bienenpopulationen oder dokumentieren Vogelarten in bestimmten Regionen. Es handelt sich oft um Probleme, die Algorithmen oder die Manpower der Forscherinnen und Forscher alleine nicht leisten können. Damit werden Bürger selbst zu Forschern. Gerade digitale Technologien erlauben es, verteilt über den ganzen Globus neues Wissen zu generieren und trotzdem auf lokale Ressourcen zurückzugreifen. Die Schaffung einer solchen Plattform, kombiniert mit einem spielerischen Ansatz der Serious Games ist das Ziel der bei der Delegationsreise angestoßenen Idee.