SENDATE-Projekt forscht an neuer Architektur für das Internet

Neue Herausforderungen für die Internetlogistik

Seit Mark Weiser 1991 in seinem einflussreichen Aufsatz The Computer for the 21st Century den Begriff des „Ubiquitous Computing“ maßgeblich prägte, sind viele seiner Visionen des vernetzten Alltagslebens zur Realität geworden: Neue Konzepte wie die Industrie 4.0, das „Internet der Dinge“ sowie eine rasch ansteigende Anzahl von mobilen Endgeräten wie Smartphones und Tablets in der geplanten Mobilfunkgeneration „5G“ stellen die Architektur und die Leistungsfähigkeit des Internets der Gegenwart auf eine harte Probe.

Will die Internetlogistik den Anwendungen der Zukunft gerecht werden, muss sie vor allem drei Substantive bündeln: Geschwindigkeit, Flexibilität und Sicherheit. Für diese Herausforderungen will das europäische Forschungsprojekt SENDATE (Secure Networking for a DATa Center Cloud in Europe), das sich aus über 60 Partnern aus Wissenschaft und Industrie zusammensetzt, intelligente Lösungen erarbeiten. Dabei ist SENDATE in vier Verbundprojekte unterteilt, an dem Partner aus Deutschland, Frankreich, Finnland und Schweden kooperieren.

 

Dezentralisierung als Formel für Geschwindigkeit und Sicherheit

Das innovative Prinzip des Forschungsvorhabens setzt statischen und zentralisierten Lösungen eine Kommunikation zwischen vielen verteilten Datenzentren entgegen. So ist es möglich, dass die Entfernung zwischen Endnutzer und Datenzentrum reduziert wird, was wiederum die Verzögerung der Datenübertragung minimiert. Das ist für die fünfte Generation der Mobilfunknetzen „5G“ von Relevanz, da dort  Fest- und Mobilfunknetze verschmelzen. Im Fokus steht hier nicht die Übertragung über die Luftschnittstelle, sondern das verteilte Kernnetz. Es sollen Bereiche wie autonomes Fahren, Bildschirme mit 4K-Auflösung und Augmented Reality abgedeckt werden. Hier sind rasante Datenraten von 10 Gigabit pro Sekunde im Gespräch.

Zum zweiten bietet das Konzept rechtliche, geographische und sicherheitstechnische Vorteile. Diese Punkte spielen im Zeitalter der Industrie 4.0. eine besonders große Rolle, weil Produktionsstandorte und Kunden durch verbaute Sensoren enger verzahnt sind und vermehrt Daten austauschen. So können sensible Informationen über Produkte und Produktionsabläufe in einem Datenzentrum in der Nähe des Standortes verarbeitet und gespeichert werden und etwa nicht in einem Land, in dem staatliche und andere Angreifer potentiell freien Zugriff haben. So stimmt auch die Rechtsgrundlage unter der die geteilten Daten gespeichert und verarbeitet werden mit der des Herkunftslandes überein. Denkt man an die Übertragung von ebenfalls hochsensiblen Daten im medizinischen Bereich – gerade  was den ländlichen Raum betrifft, in dem Artzpraxen rar geworden sind –, kann die neue Technik durch verteilte Datenstandorte sowohl die Anbindung als auch die Voraussetzungen zum Schutz der Privatsphäre für moderne medizinische Versorgung nachhaltig verbessern.

 

Fachgebiet Multimedia Kommunikation der TU Darmstadt leitet Teilvorhaben „TITAN“

 Das Fachgebiet Multimedia Kommunikation der TU Darmstadt führt dabei im deutschen Verbundprojekt SENDATE-PLANETS (ProgrammabLe Architecture for distributed NETwork functions and Security) unter der Leitung von Prof. Ralf Steinmetz das Teilvorhaben TITAN (disTributed flexIble neTwork stAtus detection) durch. Das Team verfolgt die Vision einer flexiblen Infrastruktur zum effektiven Austausch von Informationen. In der dynamischen Anpassung von Diensten und Infrastrukturen auf verschiedenen Ebenen sieht das Fachgebiet einen Schlüsselmechanismus, um dieser Vision näher zu kommen. Der Lehrstuhl Multimedia Kommunikation bringt dabei seine langjährige Erfahrung im Bereich verteilter Monitoringansätze in Kommunikationsnetzen ein.

Monitoring bedeutet, dass Informationen über die Nutzung und den Status des Netzwerks für die Weiterverwendung ausgelesen und gespeichert werden. Die gemessenen Statusinformationen der Netzwerke werden Managementeinheiten zur Verfügung gestellt, die flexibel auf Änderungen im Netzwerk eingehen, um eine anhaltend hohe Leistung zur Verarbeitung der Daten liefern zu können. Ziel von TITAN ist es, mit verteilten Monitoringansätzen elegantere Kontrollmechanismen zu etablieren, die gegenüber derzeit gängigen Verfahren flexibel sind und dabei die Abfragekosten minimieren. Das Ergebnis ist eine schnellere und verlässlichere Datenübertragung.

Mitte Oktober wurden in einem dreitägigen Kick-Off Meeting in Berlin alle europäischen Partner erstmals zusammengebracht, um Informationen auszutauschen und gemeinsame Arbeiten zu besprechen. Die TU Darmstadt wird im Rahmen von SENDATE-PLANETS insbesondere mit Forschungspartnern der Universität Würzburg, des Karlsruhers Instituts für Technologie sowie der TU München zusammenarbeiten. Die Forschung des Darmstädter Teilprojekts liefert damit einen wesentlichen Beitrag zu den infrastrukturellen Grundlagen eines effizienten und zuverlässigen Internets für Unternehmen und Privatanwender, das für die Anforderungen zukünftiger Anwendungen gewappnet ist.