Stau im Internet der Zukunft!?

Die mobilen Datenautobahnen sind ausgelastet – das zeigt beispielsweise eine Studie der Firma Cisco, laut der das jährliche Datenvolumen bis zum Jahre 2016 im drahtlosen Bereich um bis zu 70% steigt. Bekannte Zeitungen wie die New York Times oder Der Spiegel berichten bereits über verschiedene Ansätze, wie diese Herausforderung in Zukunft zu meistern sei.

Im DFG-Sonderforschungsbereich „MAKI“ der TU Darmstadt forschen wir schon seit Anfang 2013 an einer ganz eigenen Methode, um dem wachsenden Bedarf nach Bandbreite Herr zu werden. Dabei arbeiten wir interdisziplinär mit vielen Wissenschaftlern zusammen. Im Gegensatz zu anderen Ansätzen versuchen wir erst einmal bereits bestehende Ressourcen effizienter zu nutzen und dem wachsenden Bedarf an mobiler Bandbreite mit flexiblen, angepassten Übertragungs- und Kommunikationstechnologien zu begegnen.

Konkret funktioniert das so: Über spontan erstellte ad-hoc-Netze verbinden sich mobile Internet-Nutzer direkt miteinander. Schaut beispielsweise eine Person ein YouTube-Video und mehrere Personen in derselben Mobilfunkzelle möchten das gleiche Video ansehen, muss nicht mehr jeder Nutzer das Video einzeln vom Server laden. Stattdessen reicht es, wenn ein Nutzer das Video zentral vom Server lädt und es dann an die anderen Nutzer über eine alternative drahtlose Verbindung, beispielsweise Bluetooth, verteilt. Dafür muss der Nutzer aber Daten auf Kosten eigener Ressourcen wie Bandbreite oder Batterieladung weiterleiten. Mein Kollege Alexander Kühne vom Institut für Nachrichtentechnik erforscht dafür Anreizmechanismen, die Mobilteilnehmer dazu bewegen sollen, Daten an möglichst viele Teilnehmer in der näheren Umgebung zu verteilen. Mit Hilfe der Spieltheorie, einem Feld der angewandten Mathematik, lassen sich die Teilnehmer als Spieler in einem Spiel um die Verteilung der Übertragungskosten modellieren. Jeder Spieler versucht dabei, seinen individuellen Nutzen zu maximieren. Das funktioniert ähnlich wie Tauschbörsen früher: Nur wer Daten gibt, bekommt auch welche zurück. Matthias Wichtlhuber, Wissenschaftler im Peer-to-Peer Systems Engineering Lab, arbeitet an solchen Anreizmechanismen.

Das Ergebnis ist eine energieeffiziente Lösung: Zentrale Server-Strukturen werden geschont und große Datenmengen können trotzdem von vielen mobilen Endgeräten gleichzeitig empfangen werden. Ein Kernaspekt ist dabei, dass der Wechsel zwischen verschiedenen Übertragungswegen nahtlos funktioniert, also ohne störende Übergänge wie etwa Ladepausen beim Video-Streaming.

Eine besondere Herausforderung bei diesem Unterfangen ist die Unberechenbarkeit der mobilen Internetnutzung. Unser Soziologe im Team, Paul Gebelein, beschäftigt sich intensiv mit diesem Teilaspekt. Im Gegensatz zum stationären Internet weiß man bei der mobilen Internetnutzung nie genau, wann und wo Lastspitzen auftreten können, beispielsweise bei Facebook-Partys oder Flashmobs. Gemeinsam mit den Kollegen aus der Soziologie versuchen wir daher, räumliche Nutzungsmuster besser zu verstehen, indem wir online öffentlich verfügbare Daten, zum Beispiel aus aus sozialen Netzwerken, mit Informationen über das Nutzungsverhalten in mobilen Netzen zusammenbringen. Darauf aufbauend werden Methoden entwickelt, die es möglich machen sollen, Orte, an denen es zu Netzüberlastungen kommen wird, vorhersagen zu können. Exakte Prognosen sind grundsätzlich aber eine komplexe Angelegenheit. Wenn es in diesem Punkt belastbare Ergebnisse nach vier Jahren MAKI geben sollte, wäre das schon ein Erfolg.

Bild: Quelle Flickr, User: Padamanaba01